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Objektorientiertes Programmieren
Lehrgebiet Datenverarbeitunghstechnik
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3.5 Beziehungen zwischen Anwendungsfällen

3.5

Beziehungen zwischen Anwendungsfällen

Sehen wir uns die Anwendungsfälle aus der Autovermietung etwas genauer an, so erkennen wir, dass einzelne Anwendungsfälle andere Anwendungsfälle enthalten.

Der Anwendungsfall „Fahrzeug mieten“ umfasst z.B. die gleichen Tätigkeiten, wie sie auch notwendig sind, um ein Fahrzeug zu reservieren. Weiterhin gilt, dass ein Kunde, der ein Fahrzeug reservieren möchte und sich über den Typ des gewünschten Fahrzeugs noch nicht im Klaren ist, zunächst Informationen über das Fahrzeugangebot einholen wird.

Beispiel 3.5-1: Beziehungen zwischen Anwendungsfällen

In Abb.  3.5-1 sehen Sie unser erstes Anwendungsfalldiagramm ergänzt um den Anwendungsfall „beraten und informieren“ und die Beziehungen „enthält“ zwischen den Anwendungsfällen:

  • „beraten und informieren“ und „Fahrzeug reservieren“ sowie

  • „Fahrzeug reservieren“ und „Fahrzeug mieten“.

Die enthält-Beziehung erlaubt es uns, auf anschauliche Weise bestimmte Abläufe, die in verschiedenen Anwendungsfällen vorkommen, herauszuziehen, um Wiederholungen zu vermeiden.

Das Prinzip der Wiederverwendung und Vermeidung von Redundanz wird uns im Laufe des Kurses noch häufiger begegnen.

Beziehungen zwischen Anwendungsfällen

Abb. 3.5-1:

Beziehungen zwischen Anwendungsfällen

Unser Anwendungsfall „Beratung und Information“ deutet bereits an, dass DVT zwischen Privat- und Firmenkunden unterscheidet. FallstudieEine Nachfrage beim Auftraggeber ergibt, dass Firmenkundenverträge monatlich über ein vereinbartes Firmenkonto abgewickelt werden, während Privatkundenverträge in jedem Einzelfall nur über eine Kreditkartengesellschaft abgerechnet werden.

Definition 3.5-1: erweitert-Beziehung

Die erweitert-Beziehung drückt aus, dass ein Anwendungsfall an einer bestimmten Stelle unter bestimmten Bedingungen durch einen anderen erweitert wird. Die Beziehung wird häufig dafür benutzt, optionales Verhalten vom Standardverhalten zu unterscheiden.

Wir ergänzen unsere Sammlung von Anwendungsfällen um den Spezialfall „Firmenkundendaten erfassen“ und betrachten ihn als Erweiterung des Anwendungsfalls „Kundendaten erfassen“. Die Bedingung dafür ist, dass ein Kunde sich als Firmenkunde ausweist.

Wir sagen: „Firmenkundendaten erfassenerweitertKundendaten erfassen“.

In Anwendungsfalldiagrammen stellen wir die erweitert-Beziehung durch eine gerichtete Kante vom erweiternden zum erweiterten Anwendungsfall dar.

Später beim Programmentwurf werden wir darauf eingehen, an welcher Stelle im Ablauf des erweiterten Anwendungsfalls die Erweiterung den Standardablauf verändert.

Abb.  3.5-2 veranschaulicht diese Ergänzung in unserem Anwendungsfalldiagramm. Die Differenzierung in Privat- und Firmenkunden, die der Unterscheidung der beiden Anwendungsfälle zu Grunde liegt, geht einher mit einer Spezialisierung des Akteurs Kunde in Privat- und Firmenkunde.

erweitert-Beziehung in UML

Abb. 3.5-2:

erweitert-Beziehung

Aus Gründen der Übersichtlichkeit wurden die Anwendungsfälle „Fahrzeug übernehmen“ und „Fahrzeug zurück geben“ sowie der Akteur Servicemitarbeiter weggelassen.

Für den Anwendungsfall „Kreditwürdigkeit überprüfen“ werden Information von einer externen Einrichtung, nämlich der Kreditkartenzentrale, benötigt. Solche Fälle werden durch sekundäre AkteureSekundäre Akteure beschrieben.

Die bisher betrachteten Anwendungsfälle dokumentieren das Ergebnis der Ist-Analyse,Ist-Analyse d.h. das Ergebnis der Untersuchung der existierenden Abläufe und Zuständigkeiten.

Bei der Beschreibung der Anwendungsfälle im Hinblick auf das zu entwickelnde System - wir wollen dies als Soll-AnalyseSoll-Analyse bezeichnen - müssen wir unsere Sichtweise leicht verschieben. Wir wollen nämlich genau die Schnittstelle zwischen den Angestellten des Verleihbüros und dem Programmsystem erfassen, um erste Vorgaben für die Programmierung zu erhalten.

Betritt z.B. eine Kundin das Verleihbüro und äußert Ihren Beratungswunsch, so kann dieser Vorgang zwar von einem Kundenbetreuer, nicht jedoch vom System wahrgenommen werden. Der Kundenbetreuer muss erst ein entsprechendes Ereignis an der Schnittstelle zum System vornehmen, das auch dem System bekannt ist - z.B. das Bearbeitungsmenü „Beratung und Information“ am Rechnerbildschirm aktivieren.

In den folgenden Anwendungsfallbeschreibungen werden wir uns daher auf Ereignisse und Phänomene beschränken, die - sowohl für das zu entwickelnde Programmsystem als auch für die Umgebung des Systems, also Kundenbetreuer, Servicemitarbeiter und Sachbearbeiter im Hintergrundbüro - sichtbar sind.

Die Kunden treten in diesen Anwendungsfallbeschreibungen demnach nicht mehr direkt in Erscheinung. Die Akteure der Anwendungsfälle sind die Angestellten im Verleihbüro auf der einen und das System auf der anderen Seite.